Nun wird es ernst. Drei Jahre nach der Weltpremiere soll im Juli der Artega GT an den Start rollen. Der 300 PS starke Zweisitzer wird in Delbrück gebaut, einer ostwestfälischen 30 000-Seelen-Gemeinde. Auf die soll nun die Welt gucken – zumindest die automobile.
Die Anfang 2006 gegründete Artega Automobil GmbH & Co. KG hatte sich zum Ziel gesetzt, «den Sportwagenmarkt mit außergewöhnlichen und zugleich voll alltagstauglichen Fahrzeugen zu bereichern» (Werksbroschüre). Doch der Weg dorthin erwies sich alsbald als gespickt mit Umleitungen, Fehlkalkulationen und Problemen. Ihre Liebe zum Detail konnten die Artega-Manager immer wieder unter Beweis stellen – denn häufig genug steckten eben im Detail die Tücken.
Immer wieder war der Serienanlauf des schnittigen Sportlers aufgrund von Abstimmungsproblemen verschoben worden. Gerade einmal neun Exemplare gingen zu Kunden. Noch im vergangenen Jahr wurde über eine Einstellung des Projekts aus dem Paderborner Land nachgedacht. Doch María Asunción Aramburuzabala Larregui, Spross der mexikanischen Brauerdynastie Corona, wollte die Hoffnung nicht aufgeben, dass das von ihrer Investmentgesellschaft bereitgestellte Kapital doch noch Früchte tragen könnte.
Als letzten Rettungsversuch beauftragten die Mexikaner den ehemaligen BMW-Mann Wolfgang Ziebart mit einer Risikoanalyse. Als Leiter der Gesamtentwicklung bei BMW hatte Ziebart unter anderem die Dreier-Baureihe vom ersten Strich bis zur Markteinführung begleitet. Gemeinsam mit Michael Müller, Leiter Technik und Vertrieb und ebenfalls reif an Erfahrung durch die Begleitung des Serienstarts der Porsche Boxster-Baureihe, kam Ziebart zum Ergebnis, dass das Artega-Projekt zu retten sei: «Technik und das zeitlose Design des Sportwagens waren von Anfang an tadellos.»
Das Problem lag darin, die Komplexität eines Autos zu verstehen. Hier gab es an rund 500 Stellen Nachbesserungsbedarf. Auf der Liste standen eine nicht immer reibungslos funktionierende Elektronik ebenso wie Probleme mit Dichtungen und Passungen, ein mangelhafter Radioempfang sowie letztlich auch deutlich zu laute Fahrgeräusche oder das einfach etwas zu protzig geratene Typenschild am Heck. «Das haben wir jetzt alles im Griff», betonen die beiden Autoexperten mit dem Hinweis, dass im heimischen Werk in Delbrück alles in Handarbeit gefertigt wird.
Das war den beiden Musterexemplaren, die sich auf dem am vergangenen Wochenende zu Ende gegangenen Genfer Automobilsalon vorgestellt haben, anzusehen. Von außen wirkt der Artega GT mit einen 3,6-Liter-Triebwerk und Sechsgang-Getriebe von VW sowie Heckantrieb sowieso wie aus einem Guss – sportlich und zeitlos. Im Innenraum überrascht zwar die Kombination aus modernen Details wie dem Sportlenkrad mit glänzenden Schaltwippen einerseits und den Lichtschaltern und Bedienelementen aus dem VW-Konzern auf der anderen Seite. Aber ansonsten stimmen die verwendeten Materialien, und auch die Verarbeitung passt.
Das Unternehmen konnte auf einen erfolgversprechenden Kurs getrimmt werden, weil dank einer erneuten Finanzspritze der Investoren alle Zulieferer dem Autobauer die Treue gehalten haben – und so manche Entwicklung wie ein kurzerhand komplett erneuertes Klimagerät ohne Zeitverzögerung mitgetragen wurde. Ziebart und sein Team hoffen, noch in diesem Jahr 200 Wagen an Kunden übergeben zu können. Der Preis von 80 000 Euro hat sich gegenüber den ersten Ankündigungen trotz der verbesserten Qualität inklusive einer bis dato nicht kompletten Sicherheitsausstattung nicht verändert.
Die Fahrzeuge, die bereits in der Garage einiger Liebhaber stehen, werden zurückgeholt und auf den neuesten Stand gebracht. Dann wäre auch diese Schwierigkeit gemeistert – und der Neustart von Artega geglückt.
tf/mei/ddp
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