Nach Jahren gebremster Entwicklung von Elektroautos macht Peugeot jetzt bei alternativen emissionsarmen Antrieben wieder Tempo. Mit dem ausschließlich elektrisch fahrenden Kompaktmodell iOn und einer Diesel-Hybrid-Version des Cross-overs 3008 stellt die Löwenmarke gleich zwei der Marktreife entgegenstromernde Modelle vor. Der Viersitzer iOn, technisch eng verwandt mit i-MiEV des neuen Partners Mitsubishi und dem künftigen Citroen C-Zero, soll im Oktober auf den Markt kommen – der 3008 Hybrid4 im Frühjahr nächsten Jahres.
Schon ab Mitte der 90er Jahre bot der PSA-Konzern erste Peugeot- und Citroen-Modelle mit Stromantrieb an, so den Peugeot 106 Electric, Berlingo und Partner, den Citroen AX und den Saxo. Europaweit wurden nach Firmenangaben aber nur rund 10 000 Stromer verkauft – zu wenig, um ausreichende Marktanteile zu erobern. So lief deren Produktion 2005 aus. Unter den veränderten Klimaschutz- und Marktanforderungen startet Peugeot nun sein Strom-Comeback und will als erste europäische Automarke ein Serien-E-Modell auf den Markt bringen.
Den Anfang wird der iOn machen, ein ersten Fahreindrücken zufolge praktisches, viertüriges Stadtauto mit agilem Handling und kleinem Wendekreis. Leise sirrend setzt sich das 3,48 Meter kurze Testfahrzeug in Bewegung, huscht fast geräuschlos und ohne Abgase durch den Großstadtverkehr. Eine Lithium-Ionen-Batterie (Li-Ion) liefert eine hohe Energiedichte. 88 Zellen mit je 50 Amperestunden Kapazität sind wesentlich leistungsfähiger und leichter als normale Akkus oder die Nickel- und Natriumchlorid-Speicher für die leichten Nutzfahrzeuge Partner und Berlingo.
Mit dem Li-Ion-Akku unter den Sitzen in der Fahrzeugmitte sind laut Peugeot derzeit bis zu 130 Kilometer Reichweite drin – genug für einen durchschnittlichen Stadtbetrieb von 38 Kilometern pro Werktag und Nachladen über Nacht. Voraussetzung ist aber, dass man auf «Vollgas»-Sprints an der Ampel verzichtet, mit möglichst konstanter Geschwindigkeit fährt und den D-Drive-Fahrmodus für optimierten Energieverbrauch und deren Rückgewinnung beim Bremsen und Bergabfahren nutzt. Der Permanent-Synchronmotor mit 64 PS schickt seine Antriebskraft über ein starres Getriebe direkt an die Hinterräder. 130 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit sind laut Datenblatt erreichbar. Dann wäre der Akku aber schnell leer.
Das Nachladen geht relativ einfach. An einer Haushaltssteckdose ist der Akku nach sechs Stunden wieder voll aufgeladen. Ein Schnellladesystem erlaubt, an einer 380-Volt-Starkstromquelle die Batterie in 30 Minuten wieder auf 80 Prozent der Kapazität zu bringen.
Der ideale E-Mobil-Kunde hat für Peugeot folgendes Profil: Wohnhaft eher in Stadtrand- und Vorstadtgebieten als in der Innenstadt, 20 bis 30 Kilometer Fahrstrecke pro Tag, eigene Garage mit Steckdose für nächtliches Aufladen. Aber Achtung: Die ersten öffentlichen RWE-Ladestationen beispielsweise sind für den iOn bislang nicht kompatibel. Der Autobauer, der hierzulande schon mit der EnBW kooperiert, hat aber mit dem Essener RWE-Konzern Gespräche zu angepassten Ladesäulen und -kabeln aufgenommen.
Hier beginnt der für alle Elektro-Fahrzeuge bisher gleiche Problemkreis: Eine weitgehend noch fehlende Lade-Infrastruktur, Leistungsfähigkeit und Haltbarkeit der überaus teuren Akkus. Derzeit kostet eine Lithium-Ionen-Batterie noch etwa so viel wie ein Kleinwagen selbst, räumen die Peugeot-Experten ein. Erst bei mehr Leistung und weniger Kosten der E-Mobile bestünden daher Chancen auf Abnehmer. Peugeot sieht diese in erster Linie bei Fuhrpark- und Flottenkunden, Handwerkern und Dienstleistern im städtischen Bereich. Im Sommer sollen erste Flottenversuche mit dem iOn anlaufen.
Zum Preis des Wagens herrscht offiziell noch Schweigen. Nicht widersprochen wird aber einer Summe von fast 30 000 Euro, wie sie in Branchenkreisen für so ein E-Mobil kursiert. Bis zur Markteinführung wird daher ein All-Inklusive-Leasingpaket für Auto und Batterie samt Wartung und Service angestrebt. Die Kosten sollen nach Peugeot-Angaben deutlich unter den 700 Euro monatliche Leasingrate liegen, wie sie Daimler von den Kunden der ersten E-Smart fordert.
Dabei hofft die französische Marke hierzulande auf eine staatliche Förderung von E-Mobilen – ähnlich wie im Heimatland. Dort gibt es 5000 Euro für ein Fahrzeug, das weniger als sechs Gramm CO2 je Kilometer emittiert. Denn ohne Finanzhilfe ist E-Mobilität – auch beim 3008 Hybrid-Diesel-Cross-over – noch so teuer, dass sie sich für viele Firmen nicht rechnet – für Familien schon gar nicht. Peugeot-Ziel sind in etwa gleiche Betriebskosten eines subventionierten E-Mobils wie für ein Auto mit Verbrennungsmotor.
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