Aufatmen in Sindelfingen: C-Klasse-Verlagerung kritisiert – Jobgarantie bis 2020 zum Trotz

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Erleichterung bei 37 000 Daimler-Beschäftigten in Sindelfingen – Trotz Jobgarantie bis 2020 wenig Akzeptanz für C-Klasse-Verlagerung

Stuttgart (ddp). Betriebsratschef Erich Klemm ist erleichtert. Eine elfjährige Beschäftigungsgarantie für 37 000 Sindelfinger Daimler-Beschäftigte sei «einmalig», lobte er am Donnerstag das Verhandlungsergebnis zwischen Konzernvorstand und Betriebsrat. Da könne man weit laufen und würde doch weltweit nichts Derartiges finden. «Es ist ein Ergebnis, das eine hohe Akzeptanz in der Mannschaft hat», fügte Klemm hinzu.

Mit dem Verlust der C-Klasse-Produktion wollten sich die Mitarbeiter trotz Ersatzkompetenzen für das Werk jedoch nicht abfinden, sagte der Betriebsratschef. Ob es bei der Verlagerung des volumenstarken C-Klasse-Segments auch um einen Prestigeverlust für das «Herzstück» der Daimler-Produktionsstätten ging, wollte jedoch niemand der Belegschaftsvertreter laut aussprechen.

In diesem Punkt gingen auch die Meinungen von Beschäftigten nach der Betriebsversammlung auseinander, in der sie über die Einzelheiten der Einigung informiert wurden: Dass die C-Klasse-Produktion verlegt werde, stoße allen Mitarbeitern in Sindelfingen auf, nicht nur denjenigen, die die C-Klasse fertigten, sagte etwa eine junge Produktionsmitarbeiterin. «Wir sind nicht damit einverstanden. Die C-Klasse gehört hier in Sindelfingen mit dazu.»

Viele ihrer Kollegen werteten die ausgehandelten Beschäftigungsaussichten jedoch pragmatisch: «Hauptsache die Arbeitsplätze bleiben. Wir sind beruhigt», sagte Kollege Henry Schnaufer.

Für die Zulieferer sehe es nun aber schlecht aus, wird in der Belegschaft befürchtet. Die Rückholung von Fertigungsbereichen nach Sindelfingen, die der Beschäftigungsgarantie zugrunde liegt, habe unterschiedliche Auswirkungen, erläuterte Personalvorstand Wilfried Porth: Insgesamt würden 800 Stellen über Insourcing gesichert, die bisher weltweit verteilt seien. Vor allem Zulieferer in Osteuropa und Asien, wo Werkzeuge hergestellt würden, seien betroffen. Sie hätten aber vier Jahre Zeit, sich darauf einzustellen.

Auswirkungen auf andere Werke sollen die geplanten Verlagerungen Porth zufolge nicht haben. Die Verlegung der Montage des Roadsters SL von Bremen nach Sindelfingen werde völlig kompensiert durch die künftige Fertigung der C-Klasse in Bremen. Die ebenfalls vorgesehene Endmontage der gepanzerten Version des Geländewagens G-Klasse betrifft Klemm zufolge 20 Arbeitsplätze des österreichischen Zulieferers Magna in Graz. Darüber hinaus sollen die Sindelfinger zusätzliche Werkzeuge und sämtliche Sitze für die im Stammwerk gebauten Modelle herstellen, die zum Teil bisher von 60 Mitarbeitern des Böblinger Zulieferer Johnson Controls gefertigt wurden.

Zudem sollen neue Technologien ins Werk geholt und Beschäftigung in Forschung- und Entwicklung geschaffen werden. In dem Bereich sind bisher 10 000 Mitarbeiter beschäftigt. Klemm zufolge solle mindestens weitere 500 Beschäftigte hier einen Arbeitsplatz bekommen. Diese sollten vor allem im Bereich Hybridantriebe und im Leichtbau arbeiten, ein Feld, was es vorher so nicht gegeben habe. Insgesamt 2000 neue Arbeitsplätze sollen in den unterschiedlichen neuen Feldern entstehen.

Beide Verhandlungsseiten hätten sich zu einer Effizienzsteigerung verpflichtet, um im Wettbewerb zu bleiben, betonte Porth. «Die Produktionsprozesse sollen schlanker und effizienter werden», erläuterte er. Klemm zufolge kann dies aber nur gelingen, wenn dabei die Beschäftigten miteinbezogen werden und die Arbeitssituation verbessert wird. «In der Montage hat es aufgrund der Leistungsverdichtung bisher große Unzufriedenheit geherrscht», sagte er.

Trotz der letztendlich raschen Einigung schien die emotionale Konfrontation nach der Entscheidung für die C-Klasse-Verlagerung wohl unvermeidbar, schlussfolgerten beide Seiten: Es sei eine Einigung in letzter Minute gewesen, sagte Klemm. «Ich habe den Vorstand gewarnt, die Entscheidung sei emotional nicht beherrschbar, da könnten sie noch so rationale Argumente bringen.» Porth dagegen betonte, der Vorstand habe vor Wochen klar gemacht, dass er zu seiner Verantwortung für die Mitarbeiter stehe und ein Personalkonzept erarbeite. «Proteste werden manchmal mehr gehört als sachliche Argumente des Vorstands.»

[Karoline von Graevenit/ddp] [photo dpa]

Posted on Dez. 10, 2009 in Green, MotorBlog News

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