Welche Rolle spielen Premium-Autos? Sind sie „Kriegsentscheidend“ für den Industriestandort Deutschland, wie Matthias Wissmann meint? Oder stimmt der Slogan von Ralf Fücks: „Öko ist Premium“? Die beiden können sich schon von Berufs wegen nicht einig sein: Der eine ist Präsident des Automobilverbandes VDA, der andere Vorstand der grünennahen Böll-Stiftung.
Wissmann sieht Deutschland als Hort des Premium-Segments. Man schösse ein „Eigentor“, würden Hersteller ihre Autos auf Kleinwagenniveau stutzen. Dafür seien die Produktionskosten hierzulande zu hoch. Seine Argumentation: Mit Premium verdienen deutschen Firmen das Geld, das sie in die Erforschung neuer Antriebe investieren.
Fücks will „Premium neu definieren“. „Die Industrie muss an einem anderen Bild arbeiten, was ein tolles Auto ist“. Was ist Komfort, Luxus, Premium? Optimale Umweltstandards und hochwertiges Design gehörten dazu.
Der Grüne, der übrigens Wissmann eingeladen hat, wettert gegen SUVs. Die seien anachronistisch, „rollende Ungetüme“ und hätten nur eine „Daseinsberechtigung“, wenn sie „radikal optimiert“ würden. Er mag sie grundsätzlich nicht. „Sie passen nicht in die städtische Zukunft.“
Wissmann klärt auf, SUV seien keine „Schlachtschiffe“ mehr, sondern 30 bis 40 Prozent besser geworden. „Es wäre ein schwerer Fehler, SUV nicht anzubieten. Dann würden Andere den Markt abräumen.“ Hersteller müssten Kundenwünsche erfüllen, aber „ökologisch vertretbar“. „Kleine SUV“ seien der Zukunftstrend, weil Mittelstand und Familiengröße wüchsen, beispielsweise in China.
Beim CO2-Ausstoß stellt Fücks ein schlechtes Zeugnis aus. Die Reduzierungen im Verkehrswesen seien „minimal“. Die Emissionen müssten um 80 Prozent fallen, weil sich das Verkehrsaufkommen in der Welt verdoppeln werde.
Wissmann wertet anders, redet von „segmentspezifischen“ CO2-Werten und sagt: „Wir sind effizienter als andere.“ Die Emissionen gingen „in der Oberklasse deutlicher zurück als in anderen Segmenten.“ (Man mag einfügen: Logisch, dort sind sie auch am höchsten.) Effizienz verkaufe sich in Europa gut, in China sei „Qualität, Qualität, Qualität“ das dominierende Verkaufsargument. „Wir bauen Autos nicht für Lehrbücher, sondern für Kunden.“
Die kaufen kaum Elektrofahrzeuge, trotzdem investiere die Industrie bis zu 40 Prozent ihrer Entwicklungsetats dort. Der Preis sei entscheidend, sagt Wissmann und verlangt, dass die EU nicht nur reine Elektroautos mit einem Bonus fördere, sondern alternative Antriebe allgemein. Der „erste Schub“ für die Elektrifizierung werde von Firmenwagen kommen. Davon gibt es bekanntlich viele.
Fücks will keine Subventionen für Elektroautos einführen, sondern Subventionen für konventionelle abschaffen. Dann würde Elektro schnell wettbewerbsfähig.
Diese Argumentation verwandelt Wissmann in einen Sozialpolitiker. „Leidtragende wären nicht die Premiumkunden, sondern die Leute mit überschaubarem Geldbeutel.“ Pendler auf dem flachen Land etwa.
Fazit: Wie können VDA und Grüne miteinander? Das Wichtigste vorneweg: Wissmann und Fücks prügeln sich nicht. Selbstredend ist Fücks autokritisch. „Das Auto wird nicht verschwinden, aber seine Dominanz verlieren.“ Er plädiert für Verkehrsvermeidung und ein „intermodales System“ aus Motor, Pedal und Fuss. Wissmann redet von einer „Strategie weg vom Öl“ und von Premium.
Foto: Panel bei der Auto 3.0 Konferen in Berlin: Matthias Wissmann Präsident Verband der Automobilindustrie (VDA); Eva Molnar Directorin UNECE Transport Division; Ralf Fücks Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung; Klemens Kindermann (Zusage) Deutschlandfunk, Redaktionsleitung Wirtschaft und Gesellschaft (von links nach rechts)