„Bitte nicht überholen“, mahnt Clemens Belle. Trotzdem will mein Chef den Laster rammen, der entgegenkommt. Er lässt es bleiben, und holt es später nach. Jetzt fährt er brav durch die Stadt. Am linken Fahrbahnrand ist ein Unfall passiert, mein Chef guckt rüber – und fährt fast einen Fußgänger über den Haufen. Gaffer! Doch der Daimler haut die Bremsen rein. „Ohne Bremsassistent hätten sie ihn angefahren“, sagt Belle.

Auf einem Bildschirm beobachtet er meinen Chef, der in einer schwarzen S-Klasse sitzt und sich nicht von der Stelle bewegt. Denn der 500er steht in einem Fahrsimulator von Mercedes in Sindelfingen, die 360-Grad-Landschaft ist grobschlächtig und virtuell. 25 Millionen teuer ist der große, schwarze Topf auf Hydraulikstelzen. Und mein Chef bekommt kaum mit, wie ihm der Assi beim Bremsen hilft. Er kämpft gegen die Übelkeit an, die offenbar nicht simuliert ist. Zugleich hält er sein Handy übers Lenkrad und filmt, im Dienste der Leser.

Da nimmt ein virtueller Opel die Vorfahrt, Chef bremst zu zaghaft, das Auto hilft. Statt mit 51 km/h dockt er lediglich mit 11 km/h an. Belle freut sich, mein Chef wird übermüßig und rammt spaßeshalber parkende Auto. Der Simulator zuckt vor und zurück, legt sich zur Seite. Schwindelerregend.

Auf Belles Befehl beschleunigt Chef auf der Landstraße, vernachlässigt das Lenken und gerät ein bisschen nach Rechts von der Fahrbahn. Das Auto rüttelt, ein Alarmton weckt meinen Chef. „Bei langweiligen Fahrten wird man von der Spurführung unterstützt“, sagt Belle. Lenkassistent heißt das System. Merkt das Auto, dass man freihändig fährt, meckert es. Im Stau folgt der Wagen automatisch dem Vordermann.

Jetzt kommt wieder ein Lkw. Mein Chef rauscht mit voller Absicht rein. „Wenn man das so macht, kann einem auch der Assistent nicht helfen“, sagt Belle zerknirscht.

Ende der Fahrt. Mein Chef klettert aus dem Simulator. Zum Glück fahren wir mit der S-Bahn in die Redaktion, nicht mit seinem uralten Opel Zafira.

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