Der Henkel ist weg: Bei der Konstruktion des neuen Golf Cabrios hat Volkswagen auf den für dieses Modell jahrelang so charakteristischen Überrollbügel verzichtet. Neben der neuen Linienführung stand vor allem die Alltagstauglichkeit des offenen Golf im Vordergrund. Das wird schnell deutlich, wenn man in dessen Inneren Platz nimmt oder zum ersten Mal den Kofferraum belädt. Doch die vier Trolleys, die selbst bei geöffnetem Dach mühelos eingeladen werden können, sind nur eines von vielen Argumenten, mit denen das Cabrio glänzt.
Vor neun Jahren kam das vorläufige Ende der Golf-Cabrio-Produktion. In insgesamt 22 Jahren wurden 680.000 Einheiten in drei Generationen verkauft. Große Fußstapfen also, die der Neue jetzt ausfüllen soll. Dabei tritt er schon hausintern gegen Konkurrenten an. Schließlich haben die Wolfsburger mit dem Eos und dem New Beetle gleich zwei weitere Kompaktwagen mit Frischluftmöglichkeit im Angebot. Doch während der Beetle als «Lifestyler» gilt und der Eos von den Marketingexperten eher als «dezent und elegant» eingestuft wird und viele Fans in den USA hat, soll das neue Golf Cabrio mit seinem Stoffverdeck nun vornehmlich in Europa «sportlich-aktive» Kunden ansprechen.
Klare Linienführung und ruhige Flächen
Die Zeichen dafür stehen gut. Das Cabrio präsentiert sich sowohl geöffnet als auch mit geschlossenem Dach stimmig. Die gegenüber dem normalen Golf um fünf Zentimeter längere und bei geschlossenem Verdeck sechs Zentimeter flachere Silhouette wirkt gestreckt und dank klarer Linienführung sowie ruhigen Flächen sehr strukturiert. Der vordere Hälfte des Wagens ist bis auf nicht sichtbare Versteifungen am Unterboden quasi identisch mit dem herkömmlichen Golf.
Die ebenfalls verstärkte A-Säule aber zieht sich deutlich flacher nach hinten – ohne dass groß gewachsene Personen beim Einsteigen oder im Sitzen deswegen in Konflikt mit ihr kommen. Die entsprechend geneigte Frontscheibe bietet besten Windschutz bei offenen Touren. Dieses Vergnügen eröffnet das elektrische Stoffdach in nur knapp neun Sekunden – nach Angaben des Herstellers schafft das kein Wettbewerber derzeit schneller. Selbst bei Tempo 120 müssen sich Fahrer und Beifahrer nicht vor mächtigem Sturmgebraus fürchten und können getrost auf ein Windschott (315 Euro Aufpreis) verzichten. Auf den beiden bequemen Einzelsitzen hinten ist lässt es sich bis zu Geschwindigkeiten von 80 Kilometern pro Stunde noch gut aushalten.
In der zweiten Reihe ist es selbst dann komfortabel, wenn sich das Dach nach elf Sekunden – wie beim Öffnen bis zu Tempo 30 möglich – wieder geschlossen wurde. Es mangelt weder an Kopf-, Ellbogen- noch an Kniefreiheit. Einer Reise zu viert steht also nichts entgegen. Auch wegen des bereits erwähnten Kofferraum-Volumens: 250 Liter sind zwar nicht üppig, aber wohl ausreichend für einen Wochenendtrip.
Für den Antrieb stehen ab der Markteinführung (17. Juni) zunächst zwei Benziner sowie ein Diesel zur Wahl. Sowohl der 1,2-Liter-TSI-Benziner (23.625 Euro / als BlueMotion-Variante plus 400 Euro) als auch der 1,6-Liter-TDI-Diesel (26.175 Euro) leisten 105 PS und kommen mühelos mit dem Gewicht des Cabrios zurecht. Munter, agil und angenehm zurückhaltend bei den Arbeitsgeräuschen sorgen sie für Fahrfreude. Alternativ steht ein 1,4-Liter-TSI (160 PS) mit DSG-Getriebe (27.875 Euro) im Angebot. Weitere Motor-Varianten folgen im Herbst.
Qualität ohne Knacken oder Knistern
Ebenso wie die Motoren haben Cabrio-Entwickler Volker Engler und sein Team das anerkannt gute Fahrwerk des Golf übernommen. Um die Karosserie der offenen Version aber steif und fest genug zu machen, wurden zahlreiche Verstärkungen eingebaut. Mit Erfolg: Selbst auf holprigen Wegstrecken vernimmt man kein Knistern oder Knacken. Und das Fahrverhalten ist tadellos: Der Wagen reagiert prompt auf jeden Lenkbefehl und bleibt jederzeit sauber in der Spur. Auch das trägt wesentlich zur Alltagstauglichkeit des Cabrios bei.
Wie viel Komfort man im Alltag braucht, ist sehr individuell. Passend dazu liefert VW eine lange Liste an Extras, mit der die Serienausstattung ergänzt werden kann. Zu der gehören unter anderem eine Klimaanlage mit kühlbarem Handschuhfach, Komfortsitze mit Höhenverstellung sowie ein Multifunktionsdisplay. Ein Radio fehlt hingegen – das günstigste Gerät ab Werk kostet 655 Euro Aufpreis. Eigens dem Cabrio vorbehalten sind eine Lederausstattung von Sportsitzen und Lenkrad mit sogenanntem «Cool Leather» (2.545 Euro), das für weniger Aufheizung der Oberfläche sorgt, sowie die Lackierungen «dark purple», ein dunkles Violett sowie «sunset red», ein tiefes Rot.
Natürlich gehört zur Serienausstattung ein umfassend geschnürtes Sicherheitspaket, in dem zwei hinter den Rücksitzen verborgene Überrollbügel enthalten sind. In Bruchteilen von Sekunden schnellen sie im Fall eines Überschlags aus der Versenkung hervor – und ersetzen so jenen Überrollbügel, der sich drei Fahrzeuggenerationen lang wie der Henkel eines Erdbeerkörbchens über das Golf Cabrio spannte.
hei/dapd