Weniger ist oft mehr. Eine Floskel? Nicht für Porsche. Mit dem neuen Boxster Spyder stellt der Sportwagenhersteller nachdrücklich unter Beweis, dass an diesem Spruch wohl etwas dran ist.
«Leicht, effizient und offen – das sind die entscheidenden Merkmale des neuen Spyder», zählt Baureihenchef Hans-Jürgen Wöhler die Vorzüge des Zweisitzers auf. Der soll – zumindest ansatzweise – erinnern an den legendären Porsche 550 Spyder, den der damalige Kinostar James Dean liebevoll «Little Bastard» (engl. «kleiner Bastard») getauft hatte. Dass das Jugendidol im September 1955 an der Kreuzung der California State Route 41 mit der California State Route 46 bei Cholame in den Tod fuhr, machte den offenen Porsche zu einer Legende. So, wie auch der rebellische Schauspieler spätestens nach seinem Film «Denn sie wissen nicht, was sie tun» für viele Jugendliche das Idol schlechthin war, eine Symbolfigur der Auflehnung gegen etablierte Strukturen.
Nun ist es bekanntlich nicht einfach, in die großen Fußstapfen von Legenden zu treten. Doch der Boxster Spyder hat durchaus das Zeug dazu. Beeindruckend ist vor allem die Leichtfüßigkeit, mit der der Roadster unterwegs ist. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Mit 1275 Kilogramm wiegt er 80 Kilogramm weniger als der Boxster S. So leicht ist derzeit kein anderer Porsche.
Die Macher um Wöhler haben sich viel Mühe gegeben, um überflüssige Pfunde abzuspecken. Das Weglassen von Klimaanlage, Audiosystem (auf Wunsch aber ohne Aufpreis zu haben), Türtaschen oder Cupholdern ist ja noch einfach. Selbst der Einsatz von leichten Zugbändern statt innerer Türgriffe stellt keine neue Erfindung dar. Die Neukonstruktion des Dachs ist da schon eine ganz andere Nummer: statt des elektrischen Verdecks gibt es für den Spyder nur eine Stoffplane, die vor zu viel Sonne oder auch einem Regenschauer schützen soll. Die Plane wird vorne am Rahmen der Windschutzscheibe festgeklemmt und an der geöffneten Heckklappe eingehakt. Wird die riesige und mit zwei mächtigen Hutzen bestückte Klappe geschlossen, spannt sich die Plane an einem Karbonrahmen über das Passagierabteil. Die Stoffmütze ist mit wenigen Handgriffen montiert oder demontiert. Wird sie nicht gebraucht, kann sie unter der Heckklappe in einem separaten Fach gelagert werden.
Mit geschlossenem Verdeck gibt Porsche eine Höchstgeschwindigkeit von Tempo 200 an. Doch schon vorher werden die meisten den Fuß vom Gas nehmen. Es ist einfach zu laut. Und konzipiert ist der Boxster Spyder ja auch eigentlich vornehmlich zum Offenfahren. Dabei macht der Roadster eine glänzende Figur. Das Leichtgewicht ist unglaublich agil, wieselt um die Ecken, dass es eine Freude ist. Dazu gesellt sich ein Sound, der jedem Sportwagenfreund eine Gänsehaut bescheren dürfte. Der 3,4-Liter-Sechszylinder-Boxermotor leistet 320 PS und damit zehn mehr als im Boxster S. Kombiniert ist das Triebwerk serienmäßig mit einer Sechsgang-Schaltung. Der Sprint von 0 auf 100 km/h gelingt in 5,1 Sekunden. In der Spitze kommt der Flitzer auf Tempo 267 (Werksangaben). Ein Wert, der sich beeindruckend liest, aber zweitrangig ist. Denn beim Spyder geht es eben ums Genießen, darum, sich den Wind um die Nase wehen zu lassen und dabei jederzeit die Möglichkeit zu haben, ein Höchstmaß an Agilität abzurufen.
Diese wird mit einem sportlich straff abgestimmten Fahrwerk auf die Straße gebracht. Der Spyder reagiert willig und direkt auf jede Lenkanweisung. Das Mittelmotorkonzept und die daraus resultierende optimale Gewichtsverteilung sorgen – wie beim Boxster oder Cayman – für ein Go-Kart-ähnliches Fahrverhalten.
Bei der Komfortausstattung wurde aus Gewichtsgründen der Rotstift angelegt – bei seinem Sicherheitspaket offeriert Porsche alles, was gut und wichtig ist. Während sich die Stuttgarter in diesem Punkt keinesfalls an die Vorgabe «Weniger ist mehr» halten, sieht das beim Preis schon wieder ein wenig anders aus. Mit 63 404 Euro ist der Boxster Spyder nämlich etwa 7000 Euro teurer als der Boxster S. Die bewusst spartanischer gewählte Ausstattung macht der Spyder allerdings durch ein Plus an Emotionen wett. Weniger kann so letztlich doch mehr werden. ddp/nom/mhi