Hustet der Daimler, hat die Region Stuttgart Grippe. So lautet eine altes Sprichwort in der Schwaben-Metropole. Nachdem der angeschlagene Auto-Riese Daimler im übertragenen Sinne dieser Tage eine handfeste Erkältung hat, versucht das Management jetzt gegenzusteuern um Arbeitsplätze in der Region sichern zu können.
Vor allem das wichtigste Mercedes-Werk in Sindelfingen will man nach Ankündigung der Verlagerung der C-Klasse-Produktion stabilieren – die Losung dafür lautet nun, „neue Aufgaben“ – sprich die Fertigung neuer Autos wie des Mercedes SL oder der Guard G-Klasse – sollen alte Jobs bei Mercedes retten.
Im Detail bedeutet dies, dass der Wegfall von Arbeitsplätzen im Daimler-Werk Sindelfingen durch die Schaffung von mindestens 2700 neuen Stellen mit Hilfe neuer Aufgaben und zusätzlicher Produkte ausgeglichen werden. Dazu gehörten neben der Produktion des SL etwa die Fertigung der Guard G-Klasse und zusätzlicher Werkzeuge, das Wachsen von Fahrzeugen sowie die Eigenfertigung der Sitze aller in Sindelfingen produzierten Fahrzeuge, teilte der Betriebsrat am Donnerstag mit. Außerdem wird in Sindelfingen ein Kompetenzzentrum für Leichtbau aufgebaut.
Dies ist in dem zwischen Unternehmen und Betriebsrat vereinbarten Konzept «Sindelfingen 2020» festgelegt. Die Vereinbarung schließt für die rund 37 000 Beschäftigten am Standort betriebsbedingte Kündigungen bis 2020 aus. Sie schreibt fest, dass Sindelfingen Produktionsstandort der Mercedes-Benz-Oberklasse bleibt. Bei Versetzungen in einen anderen Bereich müssen die Beschäftigten rechtzeitig qualifiziert werden.
Gemäß «Sindelfingen 2020» gibt es in dem Werk außerdem bis einschließlich 2015 keine Begrenzung der Anzahl von Altersteilzeitvereinbarungen mehr. Die Ausbildungszahlen in Sindelfingen werden künftig nicht unterschritten und die Übernahme der Auszubildenden ist gesichert. Abfindungen werden «zu den heutigen attraktiven Konditionen» weiter angeboten. Für Frühpensionierungen gibt es verbesserte Kontingente.
Betriebsratschef Erich Klemm sagte: «Wir sind froh, dass wir trotz der aus unserer Sicht falschen Entscheidung des Vorstands die Arbeitsplätze in Sindelfingen über einen so langen Zeitraum sichern konnten.» Dies sei «der enormen Solidarität und Entschlossenheit dieser Belegschaft zu verdanken».
Bei den Verhandlungen über die Zukunft des Standortes hatten Betriebsrat und Geschäftsleitung am Mittwoch einen Durchbruch erzielt. Weitere Einzelheiten sollten am Donnerstag auf einer Betriebsversammlung mit der Belegschaft diskutiert werden.
Der Autokonzern hatte jüngst angekündigt, die Produktion des absatzstarken Mittelklassewagens C-Klasse von Sindelfingen nach Bremen und in die USA zu verlagern. [tf/mast/ddp]