[Feature] Forschungszentrum Salzbergen testet neue Auto-Schmierstoffe

Die Testfahrer, die im I.S.P. Forschungszentrum Fahrzeugtechnik im emsländischen Salzbergen Gas geben, erinnern an die Szenerie aus einem Science-Fiction-Film. Es sind Roboter, die in der neu errichteten Testhalle mit einem Fuß die Kupplung treten, den Gang einlegen, den zweiten Fuß von der Bremse nehmen – und mit einem dritten das Gaspedal durchdrücken. Mit ihrer Hilfe werden am Institut für Kraft- und Schmierstoffprüfung (I.S.P.) Antriebs- und Schmierstoffe für Autos getestet.

«Bei unseren Versuchen und Testfahrten unter Laborbedingungen sind vergleichbare Werte von höchster Bedeutung», begründet Firmenchef Tono Nasch den Einsatz der Roboter-Fahrer. «Würden wir hier mit menschlichen Fahrern arbeiten, kämen wir durch die unterschiedlichen Fahrweisen niemals zu vergleichbaren Ergebnissen.» Genaue Daten und jederzeit reproduzierbare Parameter sind ein wesentlicher Bestandteil der zahlreichen Prüfstände des I.S.P., wo aktuelle und zukünftige Motortechnologien erprobt werden. Dabei solle vor allem herausgefunden werden, wie sich Emissions- und Verbrauchswerte durch die eingesetzten Motorenöle und alternative Kraftstoffe vermindern ließen, sagt Tono Nasch.

Die erst in diesem Jahr für 14 Millionen Euro errichteten Motor-Teststationen gehören zu dem von Tono Nasch und seinem Vater Heribert geführten Test- und Forschungsunternehmen I.S.P. Mit dem neuen Forschungszentrum Fahrzeugtechnik werden die bisherigen Geschäftsfelder «Motorenprüfstandsteste» und «chemisch-physikalische Analytik» nun um den Bereich «Fahrzeugerprobung» erweitert. Neu und einzigartig sei dabei auch ein Messlabor, in dem komplette Motoren vor und nach einer Testreihe mit einer Genauigkeit von einem Mikrometer (entspricht 0,000001 Meter) vermessen werden können, sagt Heribert Nasch. Auf diese Weise ließen sich Abrieb und Verschleiß unter dem Einfluss von Schmierstoffen dokumentieren.

Es ist eine Besonderheit des Salzbergener Instituts, dass hier nicht alleine Motoren getestet, sondern ganze Fahrzeuge auf den Prüfstand gestellt werden. «Der Antriebsstrang der Zukunft wird immer komplexer», sagt Tono Nasch mit Blick auf die neuen Testplätze. Wegen der zunehmenden Wechselwirkungen der einzelnen Systeme verliere die rein isolierte Betrachtung einzelner Motor- und Abgassystemkomponenten oder von Betriebsstoffen an Bedeutung. Stattdessen rücke das Gesamtfahrzeug in den Vordergrund. «Das neue Forschungszentrum Fahrzeugtechnik bietet somit der Industrie hervorragende Möglichkeiten, den Antriebsstrang der Zukunft unter Verwendung moderner Betriebsstoffe als Einheit zu testen», sagt Tono Nasch.

Im I.S.P. wird nichts dem Zufall überlassen. Neben sechs Roboter-Systemen gewährleisten auch eigene Kraftstoff-Mischanlagen mit automatischen Betankungssystemen für die Testfahrzeuge stets vergleichbares Datenmaterial bei den Testreihen. Selbst die Ansaugluft für den Motor wird deshalb auf den Punkt genau gleich temperiert und befeuchtet. Zudem sorge ein Fahrtwindgebläse mit einem Volumen von 180 000 Kubikmeter pro Stunde für eine realistische Straßensimulation mit Fahrzeuggeschwindigkeiten von bis zu 200 Stundenkilometer konstant und mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu Tempo 250, sagt Tono Nasch.

Für die Auftraggeber aus der Mineralölindustrie ist das I.S.P. in Salzbergen ein gefragter Partner. Aus Kapazitätsgründen würden Standardtests für die Motorenölentwicklung gern zu Instituten wie dem Salzbergener ausgelagert, sagt Cornelia Wolber, Sprecherin der Deutschen Shell AG. Dort könne man «sicher sein, dass hohe Qualität geliefert wird».

Seinen Ruf in der Branche will das I.S.P. auch mit der jetzt fertiggestellten Erweiterung festigen. Man sehe sich als Vollanbieter, der von der Analyse von Treibstoffen und Additiven über die Erprobung von Kraft- und Schmierstoffen bis hin zur Untersuchung von technisch-physikalischen Einwirkungen der jeweiligen Betriebsmittel auf Motoren alles unter Einsatzbedingungen testen könne, sagt Heribert Nasch. An Aufträgen auch aus der Automobilindustrie werde es daher nicht mangeln, obwohl, wie Nasch es formuliert, schon «Mut dazugehört, rechtzeitig zu Beginn der weltweiten Finanzkrise ein solches Projekt in Angriff zu nehmen». [Torsten Hansen/ddp]

Posted on Dez. 8, 2009 in MotorBlog News

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