In deutschen Städten werden die zulässigen Grenzwerte für das gesundheitsschädliche Stickoxid häufig überschritten. Eine der Hauptemissionsquellen ist laut Umweltbundesamt der Autoverkehr. Das Problem: Was aus den Auspuffrohren unsichtbar herausquillt, wird eingeatmet und trägt außerdem zur Umweltbelastung bei. Einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz sollen jetzt neuartige Pflastersteine leisten.
Deren Oberflächen sind mit Titandioxid (TiO2) beschichtet, das Schadstoffe wie Stickoxide in Nitrate umwandelt. Das Titandioxid ist ein Photokatalysator und nutzt für diesen chemischen Prozess das Sonnenlicht – das heißt, die Geschwindigkeit der Reaktion verändert sich unter Lichteinfluss.
Den Beleg über die Wirksamkeit der Steine lieferte das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME) in Schmallenberg. «In verschiedenen Tests konnten wir die Wirksamkeit der optimierten Steine belegen», berichtet Monika Herrchen, Wissenschaftlerin am IME. Dass photokatalytische Pflastersteine die Luftqualität verbessern können, hätten bereits Untersuchungen in italienischen Städten ergeben. «Wir wollten prüfen, inwieweit diese Effekte auch in Deutschland – bei geringerer Lichtintensität und Sonnenscheindauer – gemessen werden können», sagt die Forscherin.
Denn je intensiver die Sonneneinstrahlung ist, desto schneller erfolgt der Abbau der Schadstoffe. «Ziel war es also, eine Rezeptur mit der höchsten photokatalytischen Effizienz zu finden», sagt Herrchen. Zunächst fertigte ein Betonhersteller Mustersteine, wobei Oberfläche, Farbe, Zementsorte und der Titandioxid-Gehalt (TiO2) variiert wurden. Da die Abbauraten von Stickoxid mit handelsüblichem photokatalytisch aktivem, also auf Sonneneinstrahlung reagierendem Zement nicht ausreichend waren, musste der Betonhersteller eine eigene, wirksamere Rezeptur entwickeln.
«In verschiedenen Tests konnten in eigens angelegten Straßenschluchten Stickoxid-Abbauraten von 20 bis 30 Prozent nachgewiesen werden. Die Messungen erfolgten in einer Höhe von drei Metern über dem photokatalytischen Pflaster bei wechselnden Wind- und Helligkeitsverhältnissen», erläutert Herrchen. Bei Windstille stellten die Experten sogar Abbauraten für Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2) von jeweils bis zu 70 Prozent fest. Allerdings, schränkt die Forscherin ein, «die Ursachen für diesen hohen Ausnahmewert sind vielfältig und nicht abschließend geklärt».
Bei Messungen am bereits mit dem Pflasterstein belegten Gothaer Platz in Erfurt wurde in drei Metern Höhe eine Abbaurate von bis zu 20 Prozent bei NO2 und bis zu 40 Prozent bei NO erreicht. «Die Pflastersteine sind auch langzeitstabil. Im Zeitraum von 14 bis 23 Monaten nach dem Verlegen des Bodens konnten wir keine Veränderung der anfänglichen Abbaukapazität feststellen», sagt Monika Herrchen.
Auch ein Umweltrisiko durch das Nitrat, das beim photokatalytischen Abbau von Stickoxiden entsteht, bestehe nicht, betont die Wissenschaftlerin. Das Nitrat gelange zwar in die Kanalisation, von dort führe der Weg in die Kläranlage und schließlich lande es auf dem Acker und im Grundwasser. Dabei liege die maximal mögliche Nitratkonzentration, die sich auf photokatalytische Reaktionen zurückführen lasse, aber bei fünf Milligramm pro Liter (mg/l). Zum Vergleich: Der Nitrat-Grenzwert für Grundwasser beträgt 50 mg/l.
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