Anfang September wird es Technikbegeisterte wieder nach Berlin ziehen, zur IFA, dem Branchentreffen der Unterhaltunselektronik, einem Teil der IT und den Hausgeräteherstellern. Im Juli hatten Journalisten in München bei der IFA-Preview bereits Gelegenheit, etwas über Neuheiten und Trends zu erfahren.
Fernsehgeräte – size does matter!
Bei den Fernsehgeräten wird die 4k-Auflösung größere Aufmerksamkeit finden, aber vielleicht auch den „Nicht-schon-wieder“-Seufzer hervorrufen: nicht schon wieder eine neue Norm, neue Geräte, neue Übertragungskanäle, neue Codecs und Dateiformate, neue Aufzeichnungsrestriktionen usw. Noch sind aus dem Handel die Geräte mit der kleinen HD-Auflösung („HD-ready“) nicht verschwunden (abartigerweise nicht einmal bei 50 Zoll), da wird schon die übernächste Generation ausgerufen. Die Logik dahinter ist allerdings unerbittlich-unvermeidlich. Nach dem „Abrutschen“ von HD in die Erschwinglichkeit brauchen die Hersteller ein neues Luxusmerkmal, das eine bessere Marge liefert.
Den größeren Bildschirmdiagonalen – wir reden hier über 55-84-Zoll! – tut die Pixelvermehrung allemal gut, und dem Polfilter-3-D ermöglicht sie die volle HD-Auflösung. Auf längere Sicht wird die neue Auflösung aber ein Rechenexempel bleiben, denn abgesehen von einem Demo-Kanal auf Astra gibt es keine empfangbaren Sendungen, d.h. die neuen Pixel müssen bei der Wiedergabe errechnet werden. Dessen sollte man sich bewußt bleiben, wenn man in Berlin die großen Bildschirme mit nativem 4k-Material anschaut und anstaunt.
Thomas Wrede von SES Astra erwartet die ersten Sender für 2016 und eine langsamere Marktdurchdringung als bei HD. Derzeit gibt es noch nicht einmal ein Logo, und der Name Ultra-HD ist noch keineswegs verbindlich. HDMI müßte zu einer Version 2.0 erweitert werden, der (natürlich) gehackte Kopierschutz DHCP wird einen Nachfolger brauchen, der Codec H.265 ist immerhin schon weit gediehen und wird die Datenflut auf 18-20 Mbit/s begrenzen. Er wird übrigens auch als erster Bestandteil in den Markt kommen, denn selbstverständlich läßt er sich auch für HD einsetzen und erspart den Sendern Bitrate, also Kosten.
Auch im Kabel wird geklotzt
Die mit einiger Spannung und Vorschußlorbeeren erwartete Kabelbox von Unitymedia, Horizon, konnten wir in Augenschein nehmen, der Preis aber wird noch geheimgehalten. Man hat sich für die Markteinführung offenbar die Apple-Strategie zum Vorbild genommen, denn um die Zusammenführung von Kabelfernsehen, Internet und Telefonie haben bisher die „Triple-Play“-Anbieter kein großes Aufhebens gemacht – das ist einfach das für die Kundschaft nötige Endgerät. Eigentlich sollte man es auch gar nicht mit dem Netzbetreiber assoziieren, denn das wäre „vertikal integrierte“, also proprietäre Geschäftspolitik. Statt dessen sollte es einen horizontalen Wettbewerb auch bei den Kabelboxen geben.
Auch die Spezifikationen verraten den Geist der Restritkion, der den Nutzer nachdenklich machen sollte. Eigenaufnahmen auf der eingebauten Festplatte können nicht aus dem Gerät exportiert werden. Die USB-Schnittstellen sind deaktiviert. Die Programmanbieter können verfügen, ob in den Eigenaufnahmen Vor- und Rückspulen möglich ist.
Das Design fällt aus dem (rechtwinkligen) Rahmen. Eine abgeschrägte Frontseite und das Klavierlackschwarz des Gehäuses macht das Kästchen mit dem Rest der Unterhaltungselektronik und vermutlich auch der Inneneinrichtung garantiert unverträglich. Es will als Solitär behandelt werden. Vermutlich wird es auch teuer genug werden, um diesen Anspruch zu rechtfertigen. Der Hersteller, Samsung, durfte nicht weniger als 6 Tuner einbauen, was vier gleichzeitige Aufzeichnungen auf Festplatte und ein weiteres Echtzeitprogramm ermöglicht. Den letzten Tuner benötigt man zur rascheren Kanalumschaltung, die im Digitalfernsehen bekanntlich zur Zähigkeit neigt.
Licht-Ton
Irgendwie zur Zielgruppe Junges Wohnen gehört der Lautsprecherhersteller Xounts, dessen Einzellautsprecher in Obeliskform sich seit einigen Jahren recht erfolgreich verkaufen. Mit einem Grundpreis von etwa 300 Euro sind sie auch vergleichsweise günstig, doch der Hifi-Fan wird mit der virtuellen Stereowiedergabe des Monolithen nicht glücklich werden. Großzügig dimensionierte Räume erhalten durch die Designobjekte nicht nur Schall, sondern auch Licht (in wechselnden Farben), und die Bespannung kann mit beliebiger Kunst bedruckt werden. Der kabellose Anschluß macht die Schallerzeuger (haus)frauenkompatibel.
Licht aus, Spot(ify) an
Der erste Messeauftritt des Musikdienstes Spotify dürfte nicht wenige Abonnenten zu einer persönlichen Begegnung mit der Datenbank veranlassen, aber mehr als eine – juristisch sanktionierte – Datenbank ist es tatsächlich nicht. Dies freilich ist keine Kleinigkeit, wobei nicht in erster Linie an die propagierten 20 Mio. Titel denken muß, denn diese Zahl relativiert sich am Rande des Repertoires sehr schnell. Dazu gehört auch schon die Klassische Musik, die mit der mickrigen Suchmaschine auch gar nicht vernünftig zu suchen ist. Die Zielgruppe wird sich freilich zurechtfinden, und es grenzt ohnehin an ein Wunder, daß nicht nur zwei Bezahlmodelle zu 5 und 10 Euro/m, sondern auch ein kostenloser Zugang angeboten werden. Daß dort keine Speicherfunktion vorgesehen ist, wird den Abonnenten nicht wundern. Zum Abspielen brauchte man übrigens nicht zwingend den angebotenen eigenen Client; ein geeigneter Browser tut’s auch. Weiterhin wird der Dienst auf Smart-TV-Plattformen angeboten und funktioniert bei Integration ins Automobil mit Sprachsteuerung.
Der Firmenrepräsentant wollte keine Abonnentenzahlen bekanntgeben, sprach aber von über 100 min. täglicher Hördauer. Natürlich bekam auch die Musikindustrie einige Streicheleinheiten, und beim genannten Ausschüttungsbetrag von 550 Mio. $ mochte man den Dienst fast für ein Schwesterunternehmen der Gema halten. Auf einzelne Titel und Musiker heruntergerechnet dürfte die Wohltätigkeit aber ein recht überschaubares Maß annehmen, und daß andere Vertriebsformen nicht kannibalisiert würden, wie versichert, wird man mit Skepsis vernehmen. Ob man der auch mitpropagierten Ideologie Zugang statt Eigentum, die ja vor etlichen Jahren schon J. Rifkin ausgerufen hat, folgen will, muß jeder für sich entscheiden. Mit jeder Datenumleitung/-auslagerung verschafft man Dritten Zugang zu Teilen der eigenen Person, und das Empfehlungswesen begünstigt vermutlich das Entstehen von Popularitätsblasen und Geschmacksformierung.
Schneller ans Ziel
Im Gebiet der Navigation wagt sich Garmin an zwei bemerkenswerte Innovationen. Die Kundschaft hat zu verstehen gegeben, daß sie die teure Datenaktualisierung per UMTS nicht zu zahlen bereit ist (was die damaligen UMTS-Propagandisten natürlich nicht hatten wahrhaben wollen). Daher wird Garmin ab Oktober die Daten über DAB+ aktualisieren und somit ein für den Nutzer kostenloses Netz sinnvoll einsetzen. Man wird damit viel mehr Daten übertragen und bis auf 100 m genau ortsbezogen informieren können. Digitalradio wird so endlich ins Auto kommen, nachdem dies die Automobilhersteller seit 20 Jahren verschlafen haben.
Lange haben wir auch auf die Überkopfanzeige, neudeutsch „Head-up-display“ warten müssen, jedenfalls als Nachrüsteinheit zum günstigen Preis (150 Euro). Auf eine an der Windschutzscheibe angebrachte Reflexionsfolie werden mit OLEDs in türkisgrün die wichtigsten Statusangaben projiziert. Das kleine Kästchen kann zuverlässig auf dem Armaturenbrett befestigt werden, und die Ziffern werden in jedem Umgebungslicht mit ausreichender Helligkeit dargestellt.