[AMD 12] Audiovisual Media Days: Pirat trifft Schatzhüter - Teil 1

Zum fünften Male tagten in München die Audiovisual Media Days, AMD, ein Kongress für Bewegtbild in Medien, Marketing und Corporate Communications. „Pirat trifft Schatzhüter“ ist der erste Teil des Features von Gerhard Bachleitner.


Mit Spannung konnte man die Konfrontation zwischen GEMA und Piratenpartei erwarten, moderiert vom Rechtsanwalt Dr. Ralf Weisser von McDermott Will & Emery. Fair Use oder Gratiskultur? fragte ein Meinungsaustausch zum Urheberrecht im Netz. Verblüffung zu Beginn: die Kontrahenten erklärten ihren tiefempfundenen Konsens. Tatsächlich repräsentierten die Beteiligten auch äußerlich geradezu bilderbuchmäßig ihre Positionen: Alexander Wolf ein seriöser Treuhänder seiner Mitglieder, Boris Turowskij mochte man für einen russischen Anarchisten mit Marx-Rauschebart halten.

Wolf erkannte die Erneuerungsbedürftigkeit des Urheberrechts an, Turowskij wollte den Urheber gegen die Übermacht kommerzieller Verwerter – zu denen sich die GEMA nicht zählte – beistehen. In gepflegter, sanftmütiger Harmonie unterhielt man sich weiter, bis in den letzten fünf Minuten doch noch die unterschwelligen Gegensätze hervorbrachen.

Wolf wollte die verschiedenen Schutzfristen für Werke als generösen Eigentumsverzicht verstanden wissen und bemühte Vergleiche aus dem Eigentumsrecht für physische Gegenstände. Das wurde Turowskij dann doch zuviel, der die immer schon völlig anderen Voraussetzungen für geistiges Eigentum betonte.

Wolf unterschlug auch die Bestrebungen in manchen Medienbranchen, die Schutzfristen zu verlängern, und seine Beteuerung, gegen Endnutzer nicht juristisch vorgehen zu wollen, zerschellte an der von Endnutzer allzu oft auf Youtube anzutreffenden Fehlermeldung der betreffende Inhalt sei mangels Einigung mit der GEMA nicht verfügbar.

An dieser Stelle trifft es den Nutzer dann eben doch.

Während in anderen Vorträgen gerne der Wandel vom Komsumenten zum Prosumenten propagiert und begrüßt wurde, sieht sich der potenzielle Prosument sofort mit einem Bein im Gefängnis oder zumindest in der Abmahnfalle. Dafür ist nicht zuletzt die sog. GEMA-Vermutung verantwortlich, gegen die Turowskij sinnvollerweise die Beweislastumkehr forderte: nicht der Nutzer und Prosument soll beweisen müssen, daß der betreffende Inhalt gemafrei ist, sondern die GEMA müßte ihren etwaigen Rechtsanspruch beweisen.

Wer schon einmal auf Youtube veröffentlicht hat, kennt die Übergriffigkeit mancher Urheberrechtsverfolger. Die Diskussion machte jedenfalls klar, daß die Anpassung des Urheberrechts an die digitalen Gegebenheiten noch lange auf der politischen Agenda stehen wird, und wenn sich eine Partei ausdrücklich damit beschäftigt – um so besser.

Alle Artikel der Serie von Dr. Gerhard Bachleitner.