Amoklauf Winnenden winnenden_amoklauf-Medien_fake_tim_k-chat_message-fake1_press-conference by techfever.Baden-Württembergs Innenminister Rech hat inzwischen eingeräumt, dass den Ermittlungsbehörden ein peinlicher Ermittlungsfehler unterlaufen ist: „Irgendein Verrückter hat wohl eine schlimme Falschmeldung in die Welt gesetzt“, sagte Rech in der Nacht der „Süddeutschen Zeitung“.

Der CDU-Politiker bestätigte zudem, die Ermittler der Polizei hätten auf dem Computer von Tim K. festgestellt, dass der Forumeintrag (im Bild oben die gefälschte Amoklauf-Ankündigung) nicht von dort verfasst wurde: „Das muss wohl im Nachhinein konstruiert worden sein.“

Indessen wies Rech Kritik zurück, die Ermittlungsbehörden hätten sich zu früh auf die Echtheit des Eintrages festgelegt: „Ich habe stets deutlich gemacht, dass es sich um den vorläufigen Stand der Ermittlungen handelt.“ Verschiedenen Quellen zufolge soll es bereits vor der Pressekonferenz einige Zweifel an der Echtheit der Amoklauf-Ankündigung in dem Internet-Chat gegeben haben.

Im „Tagesspiegel“ sagte Claudia Krauth, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart, dass man fest davon ausgegangen sei, der Chat-Eintrag stimme, „weil wir ihn auf dem Computer des Amokläufers gefunden haben“, so Krauth. Nun stehe man wieder am Anfang und sei „wie vor den Kopf gestoßen“.

Jetzt müsse in Ruhe geprüft werden, was es mit dem Eintrag auf sich habe. Auch mit dem bayerischen Jungen und seinem Vater, der den Eintrag publik gemacht hatte, müsse nun erneut gesprochen werden. „Unsere Experten sitzen daran, noch sind viele Fragen offen.“

Ein im Tagesspiegel zitierter Experte zur Quellenprüfung im Internet, der Berliner Journalist Albrecht Ude, sagte, dass eine abschließende Beurteilung nicht mehr möglich sei, da alle Seiten gelöscht worden seien.

Hier noch mal der Wortlaut des baden-württembergischen Innenministers Rech auf der Pressekonferenz am Donnerstag in Waiblingen:

„Am Mittwochabend meldete sich der Vater eines 17-Jährigen aus Bayern und berichtete über einen Internet-Chat, den sein Sohn in der Nacht zuvor geführt habe. Der Sohn hatte sich nach der Medienberichterstattung über diese Tat in Winnenden an seinen Vater gemeldet, und demnach war im Chatroom eines Internet-Portals in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch gegen 2.45 Uhr kurz vor der Tathandlung folgender Eintrag eingestellt worden: …“

„Scheiße Bernd, es reicht mir, ich habe dieses Lotterleben satt, immer das selbe – alle lachen mich aus, niemand erkennt mein Potenzial. Ich meine es ernst Bernd – ich habe Waffen hier, und ich werde morgen früh an meine frühere Schule gehen und mal so richtig gepflegt grillen. Vielleicht komme ich ja auch davon. Haltet die Ohren offen. Bernd, ihr werdet morgen von mir hören. Merkt Euch nur den Name des Orts Winnenden. Und jetzt keine Meldung an die Polizei, keine Angst, ich trolle nur.“

Der Sohn hatte diese Ankündigung nicht ernst genommen und mit dem Internet-Kürzel (…) lol quittiert – was so viel bedeutet wie „Ich lache mich kaputt.“

Dieses LOL für „laugh out loud“ wirkt nun ganz besonders bitter und makaber.

Mir wird schlecht dabei, mir vorzustellen, wie sich dieser Vollidiot oder diese Vollidiotin an solch einem Tag des Schocks, der Trauer und der Tränen an seinen/ihren Computer setzt und in mühseliger Fitzelarbeit in Photoshop oder sonst einem Bildbearbeitungsprogramm eifrig mit der Maus hantiert und sich daran setzt, eine solch makabre Meldung zu einem derart schrecklichen Ereignis zu fälschen. Wie muss er/sie sich gefühlt haben, als er/sie eben dieses „LOL“ in die gefälschte Amok-Meldung einbaute?

Ich bin sprachlos, ratlos, wütend und ebenso hilflos. Wer macht so etwas?

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