Proteine aus Mikroben und Luft

„Ich gehe mal das Essen generieren.“ Richtig gelesen. Nicht kochen, generieren. Ein bisschen Wasser, eine Prise Kohlendioxid und ein elektrischer Schlag – et voilà: das Abendessen ist materialisiert.

Klingt verrückt, ist aber gar nicht mal so abwegig, wie das finnische Unternehmen Solar Foods zeigt. Solein, eine Mahlzeit, die aus heiterem Himmel entstehen zu scheint, ist ein proteinreiches Pulver, dessen Hauptbestandteil Kohlendioxid ist.

Solar Foods will mit seinem einzelligen Protein eine Nahrungsproduktion frei von agrarischen Einschränkungen ermöglichen und damit den Kampf gegen weltweite Hungersnöte vorantreiben. Nicht gerade unwichtig vor dem Hintergrund, dass laut einem UN-Report aus dem Jahr 2018 einer von neun Menschen unter Hunger leidet.

Ein Problem, dass Solein besagt mit lösen zu können, doch das bedarf Zeit. Ab 2021 will Solar Foods den Stoff erst einmal als Ergänzung für Proteinshakes und Smoothies einsetzen. Danach allerdings wäre den Möglichkeiten kein Limit gesetzt, unter anderem da das Pulver aus Kohlendioxid hergestellt wird.

Produktion des Pulvers von Solar Foods weltweit möglich

Bei den verschiedenen Produktionsschritten extrahiert man CO2 aus der Luft. Danach mischt man es mit Wasser, Vitaminen und Nährstoffen. The Guardian vergleicht den Prozess sogar mit dem Brauen von Bier. Es werden jeweils Mikroben in eine Flüssigkeit gegeben und mit Kohlendioxid und Wasserstoff-Blasen gefüttert, die das Wasser durch Zugabe von Elektrizität freigibt. Die Mikroben produzieren dann das Protein, das schließlich durch Trocknen in Pulverform verwandelt wird.

Der gesamte Prozess, auch die langatmige Gärung, basiert allein auf erneuerbarer Sonnenenergie und es wird keine Ackerfläche benötigt. Solein kann also demnach auch dort produziert werden, wo die Herstellung von konventionellen Proteinen bisher nicht möglich war.Umweltfreundliches Essen

Vielfältiger Einsatz öffnet neue Möglichkeiten

Das Ganze ist zudem bereits ziemlich weit entwickelt. Das Fundament für Solein wurde ursprünglich bei der NASA gelegt – als Nahrung für Raumfahrer und zukünftige Kolonisten von Stationen auf Mond oder Mars. Schließlich ist der Mensch noch weit davon entfernt, dort etwa Kartoffeln gedeihen zu lassen. Der Erfolgsgrad von langwierigen Missionen zum Roten Planeten könnte auf solch generierter Nahrung beruhen.

Aber auch auf der Erde ist der Einsatz von Solein verlockend. Nimmt man zum Beispiel die Fleischproduktion, kann die Rechnung bei einer Nachfrage von 7 Milliarden Menschen gar nicht aufgehen. Solein kann dabei helfen, diese Lücke zu füllen.

Bleiben wir beim Fleisch, zielen auch pflanzliche Alternativen von beispielsweise fleischlosen Burgern, wie der Ansatz von Beyond Meat, auf eine Verringerung der Massentierzucht ab. Diese benötigen jedoch immer noch viel Platz für den Anbau. Solein hat dieses Problem nicht. Es ist laut dem finnischen Unternehmen sogar neutral genug, um ein Hauptbestandteil des Fleischersatzes zu werden, den wir mehr und mehr konsumieren.

In Zukunft könnten wir also zunehmend generiertes Essen zu uns nehmen. Bleibt bloß noch eins zu sagen: Guten Appetit.

Fotos: Solar Foods