Wo die wilden Viren wohnen: Ein Besuch bei Security-Spezialist Eset

Wir alle sind auf sie angewiesen – die Software-Unternehmen, die uns mit Schutzprogrammen ausstatten, damit wir von unseren Ausflügen ins Internet mit heiler Haut zurückkehren. Eines der bekannteren dieser Unternehmen konnten wir, eine kleine Gruppe deutscher Journalisten, Mitte Mai 2015 an seinem Hauptsitz in der Hauptstadt der Slowakei besuchen.

Für Slowaken heißt die Stadt heute Bratislava, aber das ist ein im 19. Jh. erfundener Name; üblich war damals der Name Prešporok. Für Ungarn (dessen Hauptstadt es auch eine zeitlang war) heißt die Stadt Pozsony, für Deutsche Pressburg (und gehörte bis vor hundert Jahren zur habsburgischen Donaumonarchie).

Von dem Hochhaus, in dem Eset einige Stockwerke belegt, hat man einen imposanten Ausblick auf die namengebende Pressburg (die nach Kriegszerstörungen freilich zum großen Teil neu aufgebaut wurde) und die große Hängebrücke, die seit den 70er Jahren das Stadtbild prägt und städtebaulich nicht unumstritten ist.

Im Virenlabor gibt es Ausblicke anderer Art. Auf mehreren Monitoren wird der Infektionsstatus der europäischen Länder, genauer: der dort gemessenen Internet-Knoten, dargestellt und statistisch ausgewertet. Die Informatiker an der Front sind Detektive, Forensiker, Pathologen, vielleicht auch Notaufnahme.

Wie die echten Mediziner und Richter sind sie mit allen erdenklichen Schadensfällen und menschlichen Bösartigkeiten konfrontiert, und wie man weiß, nimmt die Bedrohung der IT-Nutzer trotz der unaufhörlichen Arbeit der Sicherheitsfirmen mit den Jahren nicht ab, sondern eher zu. Das Verbrechen schläft nie, ist immer und überall und ungeheuer erfinderisch.

Die Komplexität heutiger Betriebssysteme ist sicherheitstechnisch immer schwieriger zu bewältigen; manche Bestandteile gelten als notorisch unsicher: etwa Java und Flash. Zudem eröffnet sich mit der Verbreitung der Smartphones den Verbrechern ein immenses neues Betätigungsfeld, denn bisher war auf diesen Geräten ein dezidierter Virenschutz kaum üblich, und die von den Herstellern zweifellos auch gewollte Intransparenz der Betriebssysteme tut ein übriges, die Nutzer zu hilflosen Opfern zu machen.

Ein Vortrag wie derjenige von Robert Lipovský über einige bekannter gewordene Bedrohungen wie den sog. BKA-Trojaner ist für denjenigen, der davon verschont geblieben ist, ein ungefährlicher Blick ins Gruselkabinett – für denjenigen, der gegen diesen Feind schon ein- oder mehrmals gekämpft hat, aber eine bleibende Erfahrung und lebhafte, leidvolle Erinnerung.

Erfahren wird dabei auch, daß Schutzprogramme nie jederzeit und gegen alles schützen, sondern manchmal nur einen Teil der Arbeit übernehmen oder vom Schädling gar außer Kraft gesetzt worden sind.

Dem Berichterstatter widerfuhr es, daß just bei diesem Vortrag, während er im hauseigenen WLAN Netzverbindung hatte, in seinem Postfach ein Phishing-Versuch der Amazon-Zugangsdaten auftauchte. So gut beschützt man sich in diesem Falle auch fühlen könnte – etwa wie bei einem Herzinfarkt in der Kardiologischen Abteilung -, ist es doch noch wichtiger, sich bereits selbst genügend diagnostische Fähigkeiten angeeignet zu haben, um das Malheur gar nicht erst eintreten zu lassen.

Eset betont daher auch zurecht, daß IT-Sicherheit ein Kommunikationssystem sein muß, das wie das Immunsystem in einem Organismus arbeitet.

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Die Firma Eset wurde 1992 gegründet, doch gab es das erste Produkt, NOD, bereits 1987. Die Abkürzung lautet übersetzt „Krankenhaus am Ende der Diskette“.

Damals verbreiteten sich Viren hauptsächlich auf Datenträgern, weil DFÜ noch in den Kinderschuhen steckte. Der Name Eset soll an die ägyptische Göttin der Heilkunst erinnern – die man hierzulande besser als Isis kennt.

Das Markenzeichen der Firma ist jedoch ein stahlblauer Android – Jahre früher, als Google für sein gleichnamiges Betriebssystem die Silhouette eines Roboters verwendete.

Eset gibt auch ein sehr empfehlenswertes, allgemein verständliches Online-Magazin über aktuelle Bedrohungen heraus. Unter www.welivesecurity.com ist auch eine deutsche Version erhältlich.

+ Links: www.eset.com/de