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Das spannende Thema 3-D wurde auf den Medientagen recht unauffällig, aber mit tiefem Sachverstand behandelt. Dies hatte nicht zuletzt damit zu tun, daß in München und Bayern gerade die 3-D-Version der 3 Musketiere mit neuen Kameras von Arri abgedreht worden war. Fast schon unvermeidlich war, daß der ortsansässige Sender Sky seinen 3-D-Kanal zu den Medientagen aus der Taufe hob und den Besuchern der Ausstellung auch wirksam präsentierte. In der Gesprächsrunde mit dem unscheinbaren Titel Storytelling in 3-D waren sich alle Beteiligten einig, daß 3-D eine bleibende und eingehende ästhetische Auseinandersetzung erfordernde Innovation sei.

Im Detail ging es u.a. um die Frage, ob es bei bestimmten Genrepräferenzen bleiben oder ob die neue Technik das gesamte Filmschaffen in Besitz nehmen werde. Michael Coldewey, Trixter Film-Produktion, erklärte die derzeitige Genrefixierung aus einem einfachen ökonomischen Umstand. Die Zahl der 3-D-fähigen Leinwände sei noch so gering – 650 von insgesamt 3000 -, daß diese mit den auf den Markt kommenden Blockbustern bereits voll ausgelastet seien, und Blockbuster seien ihrer Natur nach hauptsächlich Familienunterhaltung/Animation und Action-Filme. Die anderen Genres und damit auch andere Themen kämen erst dann dazu, wenn genügend Leinwände vorhanden seien.

In der Produktion – darin waren sich die Fachleute einig – kann man zwar bereits auf eine stabile Technik zurückgreifen, muß aber die Arbeitsabläufe genauer und sorgfältiger planen. Die schiere Größe und das Gewicht der Kamera könne für bestimmte Situationen bereits zum Problem werden, und natürlich müsse das Szenenbild noch penibler als bisher gestaltet und überwacht werden. Der Lichtverlust durch die rechtwinklig versetzte Montage der beiden Kameras auf dem sog. Rig und den halbdurchlässigen Spiegel müsse durch stärkere Ausleuchtung kompensiert werden.
Und nicht zuletzt die bisher mit bewährten Tricks erreichte Verjüngung und Verschönerung der Schauspieler werde durch den gesteigerten Realismus der Abbildung zu einer noch schwierigeren Aufgabe. Unerläßlich sei am Drehort der Stereograph, der alle technischen und ästhetischen Belange der 3-D-Abbildung überwachen müsse.

Wieviel Raum darf’s sein und wozu?

Die künstlerische Eroberung der Raumtiefe steht erst am Anfang. Schon die Festlegung der Stereobasis hat im Wortsinne weitreichende Folgen. Daß das natürliche Sehen in größerer Entfernung keine Tiefenunterschiede mehr wahrnimmt, fällt im Alltag nicht auf, würde im Film aber als Mangel wahrnehmbar. Wird dort die Stereobasis jedoch virtuell zu sehr erweitert, errechnet das Gehirn aus dem Grad der Raumtiefe eine wahrscheinliche Entfernung und Größe der Objekte, und dies führt zu dem irritierenden Eindruck, kleine Puppen vor sich zu haben. Sebastian Cramer, Screen Plane, vermutete, daß die Raumtiefe für Fernsehwiedergabe größer sein dürfe als fürs Kino. Einig war man sich, daß im Raumfilm der Schnitt langsamer und die Optik weitwinkliger werde. Coldewey berichtete, daß man bei Narnia 3, der gerade zu 3-D konvertiert werde, auch den Schnitt ändere. Solcher Anpassungsbedarf ist sicher auch eine Ursache für die Langwierigkeit der Verräumlichung. So werde der aktuelle Harry-Potter-Film zuerst flach ins Kino kommen und erst im nächsten Jahr als Raumfilm. George Lucas arbeitet bekanntlich schon lange an Raum-Fassungen seiner Weltraumkampfoper Krieg der Sterne.

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Nach der Ansicht von Simon Sieverts, Treehaus Filmservices, müsse nicht zuletzt die dramaturgische Situation der Intimität in räumlicher Abbildung erst noch bewältigt werden. Die Tugend des Kammerspiels, wie sie auf der Theaterbühne gelernt und ausgeübt werde, bekomme wieder mehr Bedeutung. Noch überhaupt nicht angegangen worden sei, so Nikolaus Lohmann, Stereo 3-D-Experts, die Verwendung der Stereoskopie für zweikanalige Darstellung, also unterschiedliche Inhalte für Links und Rechts.

Thomas Zauner, Scanline-VFX, ermunterte seine Produzentenkollegen und alle Filmschaffenden, sich mit 3-D zu beschäftigen, um die vorhandene Technik einzusetzen, Erfahrung zu sammeln, und berufliche Qualifikationen zu erwerben. Bei der besagten Musketier-Produktion sei, so Coldewey, die Nachbearbeitung leider nach Kanada gegeben worden, weil hierzulande noch nicht genügend Fachleute zur Verfügung standen.

In der Diskussionsrunde 3-D-Fernsehen wurden naturgemäß etwas kleinere Brötchen gebacken. Leicht tat man sich damit, J. Katzenbergs vor 2 Jahren geäußerte Erwartung, daß in 5 Jahren alle Filme in 3 D gedreht würden, als Unsinn beiseite zu schieben. Nicht einmal Dr. Sylvia Rothblum, Warner Bros., teilte dieses Wunschdenken, obwohl sie die niedrigste Schätzung für die Mehrkosten eines 3-D-Films abgab: 20-30 %. Eckhard Matzel, ZDF, schätzte 60 %, und Lutz Möhr, 3D-CC Seefeld, vermutete 100 %. Der Kamerahersteller Arri, vertreten durch Dr. Johannes Steurer, bestätigte ein enormes Interesse an entsprechender Ausrüstung und sah jetzt, nach Bereitstellung hervorragender Technik, die Kreativität der Filmschaffenden herausgefordert. Bei Sky stellte man sich dieser Herausforderung, indem man für den eigenen 3-D-Kanal unterschiedliche Genres ausprobiere, wie Stephan Heimbecher erläuterte.

Der öffentlich-rechtliche Vertreter sah 3-D noch lange nicht als Thema fürs Fernsehen. Man sei noch drei bis fünf Jahre mit der Implementierung von HD beschäftigt, und wenn man dereinst „framekompatibel“, d.h. ohne den verlustbehafteten Behelf des Side-by-Side-Verfahrens senden wolle, brauche man die doppelte Bandbreite, d.h. einen weiteren Sendekanal.

Fotos: Medientage Münche/ Medientage.de

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