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In dem Unglückstunnel schräg gegenüber der Rampe zum Veranstaltungsgelände der Loveparade in Duisburg haben Michael Willhardt und seine Mitstreiter zwei Kränze niedergelegt. An die Wand des Tunnels haben sie zwei Plakate mit den Worten «Mahnwache» angebracht. Daneben steht ein Pult mit einem Kondolenzbuch, in das sich an diesem Dienstagvormittag immer wieder Trauernde eintragen. Die Warteschlange vor dem Pult reicht fast quer durch den Tunnel.

«Wir wollten eine Ergänzung zu der spontanen Trauer bieten», sagt Willhardt, der Vorsitzender des Vereins Zukunftsstadtteil Duisburg-Hochfeld ist. Deshalb habe man an der Unglücksstelle diese Mahnwache eingerichtet. Am Montagabend waren sie von 18.00 bis 2.00 Uhr in der Nacht dort, am Dienstag wurde sie um 9.00 Uhr wieder eingerichtet. «Heute Nacht werden wir das Kondolenzbuch noch ausliegen lassen. Dann wird die Aktion beendet», berichtet Willhardt.

Auch am Dienstag finden sich wieder mehrere hundert Trauernde an der Rampe zum Veranstaltungsgelände ein, wo sich am Samstag das Unglück mit 20 Toten ereignete. Die Stimmung der Trauer weicht immer wieder der Verbitterung und Wut. Einige der Besucher diskutieren lautstark über die Versäumnisse und fordern Konsequenzen vor allem bei der Stadtverwaltung. Auch der Rücktritt von Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) wird immer wieder verlangt.

Willhardt und sein Team wollen ihre Mahnwache dennoch nicht als Kritik an der Stadtverwaltung verstehen. «Es geht uns darum, dass die Leute hier etwas abladen können. Dem wollten wir eine organisierte Form geben», erklärt er. Auch die Eintragungen in das Kondolenzbuch zeigten, dass dort vor allem Trauer verarbeitet wird. Nur selten werde direkte Kritik an der Stadtverwaltung laut. Gleichwohl kann der Vereinsvorsitzende kritische Töne am Verhalten des Rathauses nicht verhehlen. «Wir hätten uns schon gewünscht, dass die Stadt hier etwas in dieser Form einrichtet», sagt er.

Stattdessen wurde im Rathaus selbst ein Kondolenzbuch ausgelegt. Doch dürften vielleicht auch angesichts der Wut und Verbitterung bedeutend weniger Bürger den Weg dorthin finden. Man spürt, dass es nach dem Unglück eine Distanz zu den Stadtoberen gibt. Der Duisburger Detlev Pilmaier hat wie so viele den Weg zum Unglücksort gewählt: «Ich hatte das Bedürfnis hierherzukommen und der Opfer zu gedenken», sagt er. «Schockiert» und «fassungslos» sei er über das Unglück, schreibt er.

Auch Marcus aus Oberhausen trägt sich in das Kondolenzbuch ein. Er war am Samstag selbst auf der Loveparade, zwei seiner Freunde liegen derzeit noch im Krankenhaus. «Ich wollte meiner Trauer Ausdruck geben, dass so etwas passieren kann», erklärt er.

Nach Einschätzung von Willhardt haben sich bis Dienstagmittag mehrere hundert Menschen in sein Kondolenzbuch eingetragen. Was nach Abschluss der Aktion mit dem Buch geschieht, ist derzeit noch unklar. «Wir würden uns wünschen, wenn die Eintragungen im Rahmen der Trauerfeier vorgelesen würden», sagt der Vereinsvorsitzende. Nach Angaben der Stadt soll die Trauerfeier am Samstag stattfinden.

Die Karl-Lehr-Straße, die durch den Tunnel führt, ist derzeit noch für den Kfz-Verkehr gesperrt, lediglich Fahrzeuge der Polizei und Übertragungswagen der TV-Sender stehen in dem Tunnel. Die Straße bleibe für den Verkehr bis auf Weiteres dicht, um den Trauernden die Möglichkeit zu geben, ihre Anteilnahme auszudrücken, sagt ein Sprecher der Polizei. Man wolle vermeiden, dass es aufgrund des nach wie vor hohen Publikumsandrangs am Unglücksort zu Verkehrsunfällen komme. Weitere Verletzte wolle man auf jeden Fall vermeiden.

tf/war/ddp

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