Am Tag nach der Katastrophe mit 19 Toten bei der Loveparade in Duisburg ist es ruhig geworden am Tunnel zum Veranstaltungsgelände. Die Polizei sperrt die mehrere hundert Meter lange Unterführung zum ehemaligen Güterbahnhof ab. Einige Anwohner und Bürger sind an den Tunnel gekommen, um sich den Ort des tragischen Unglücks anzuschauen. Auf dem Bürgersteig stehen einige Kerzen, daneben liegt ein Blumenstrauß.
Ihre Trauer, Wut und Enttäuschung können die Bürger kaum verhehlen. Dass der Hauptzugang zu der Loveparade durch dieses «Nadelöhr» führte, können und wollen viele auch am Sonntag nicht verstehen: «So viel Blödheit kann ich nicht begreifen», sagt Richard Hatenkerl. Der Duisburger blickt in den Tunnel und ist außer sich. «Mein Bruder war mit seiner Freundin auf dem Gelände. Wenn sich die Massenpanik nur fünf Minuten früher ereignet hätte, wäre er jetzt wohl tot.» Dass die Polizei den Zugang zum Festivalgelände angesichts der Menschenmassen nicht rechtzeitig abgesperrt hat, ist ihm unbegreiflich. «Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.»
Mit den Tränen kämpft die Anwohnerin Britta Kordel. «Schon wir als Anwohner gehen ungern durch den Tunnel», berichtet sie. Am Samstag habe sie von ihrer Wohnung aus beobachtet, wie ab Mittag immer mehr Menschen durch die Unterführung gehen wollten. «Die Leute haben von hinten geschubst und gedrängelt», sagt sie. Die Sicherheitskräfte hätten die Menschen nicht in den Tunnel hineinlassen dürfen. Dass es zu einer solchen Katastrophe kam, überrascht sie aber nicht. «Alle Duisburger haben gesagt, das darf hier nicht stattfinden», betont sie.
Joe aus Südbaden ist einer der wenigen Besucher der Loveparade, die sich zu dieser morgendlichen Stunde noch am Gelände aufhalten. Dass die Techno-Veranstaltung derart aus dem Ruder läuft, ist für ihn eine Überraschung. «Dass so etwas passiert, konnte keiner wissen», meint er. Schließlich hätten die Macher der Loveparade Erfahrung gehabt und solche Veranstaltungen auch schon in Essen und Dortmund organisiert. Es sei ein Fehler gewesen, den Hauptzugang für die Besucher durch diesen Tunnel zu führen. Auch auf dem Festivalgelände selbst sei es «eng» gewesen.
Der Technofan hofft nun, dass trotz des Dramas die Loveparade weiter stattfinden wird. «Die Veranstaltung wird weitergehen. Vielleicht legt man bei der nächsten Feier eine Schweigeminute ein», erklärt er. Ob die Loveparade allerdings wie geplant 2011 in Gelsenkirchen stattfinden wird, scheint angesichts der Ereignisse fraglich.
Auch am Duisburger Hauptbahnhof, unweit der Unglücksstelle gelegen, ist die Stimmung am Sonntagmorgen beklemmend. Einige Besucher der Loveparade schlafen noch auf Alufolien am Boden, andere stehen in Gruppen zusammen und diskutieren mit halblauter Stimme. «Wir wollten doch nur Party machen», sagt der 21-jährige Urs, der mit Freunden aus Basel angereist war. Die Verkäuferin in der Bahnhofs-Buchhandlung sieht das Ende des Techno-Events gekommen. «Diese Katastrophe wird immer mit der Loveparade und mit Duisburg verbunden bleiben.»
«Vielleicht war das alles doch eine Nummer zu groß für Duisburg», vermutet eine Flugbegleiterin, die auf ihren Zug wartet. Im Bahnhof sind Eltern mit den Fotos ihrer Kinder unterwegs, die seit Samstagabend vermisst werden. Mit Journalisten sprechen wollen sie nicht.
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