Der designierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat Spekulationen über einen Machtkampf um die Mehrheit beim Energiekonzern EnBW zurückgewiesen. Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (Donnerstagausgabe) hatte berichtet, der Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) strebe die Aktienmehrheit an. Der OEW-Anteil von etwa 45 Prozent solle auf 50,1 Prozent ausgebaut werden.
Als mögliche Intention der OEW war gemutmaßt worden, dass der Einfluss einer neuen grün-roten Landesregierung durch eine Mehrheit der von CDU-Politikern dominierten OEW eingedämmt werden soll. Die strategische Neuausrichtung der EnBW steht bei den Koalitionsverhandlungen zwischen Grünen und SPD weit oben auf der Tagesordnung.
Kretschmann betonte jedoch am Donnerstag am Rande der Koalitionsverhandlungen, er habe bei einem Gespräch mit den Landräten nicht gehört, dass diese auf Konfrontationskurs gingen. «Es geht um eine kooperative Zusammenarbeit mit der OEW, auch in der Zukunft», sagte er. Er habe den Eindruck, dass die OEW darauf verzichte, den Anteil auf über 50 Prozent zu erhöhen und die herrschende Parität aufzugeben.
Seit Januar ist das Land mit rund 45 Prozent der EnBW-Aktien Großaktionär neben der OEW. Am 6. April endet das Übernahmeangebot des Landes an die Kleinaktionäre, darunter vor allem Städte und Kommunen, deren Aktienanteile anzukaufen. Dabei geht es um zehn Prozent der Aktien im Wert von über einer Milliarde Euro. Schätzungen zufolge wurden rund 2,5 bis 3 Prozent angedient.
Zwtl: OEW setzt auf faire Zusammenarbeit mit neuer Regierung
Die OEW erklärte, das Unternehmen habe sich das Recht einräumen lassen, die Hälfte der Anteile, die in dem Verfahren angedient werden, zu übernehmen. Darüber solle eine Verbandsversammlung am 8. April entscheiden. Bei der künftigen Zusammenarbeit mit der neuen Landesregierung setze der Verband auf «ein faires und partnerschaftliches Miteinander».
Die Rechtslage ist nicht eindeutig. Zu Zeiten, als der französische Staatskonzern Electricité de France (EDF) Anteilseigner war, hatte eine Vertragsklausel die Dominanz eines Großaktionärs verhindert. Ob dies weiter gilt, ist umstritten.
Als Oppositionsparteien hatten SPD und Grüne den Rückkauf des EDF-Anteils durch die Regierung des scheidenden Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) scharf kritisiert. Der Landtag war in die Kaufentscheidung nicht einbezogen, sondern stimmte erst nach der Abwicklung des Geschäfts darüber ab. SPD und Grüne reichten daraufhin Klage gegen das Vorgehen der Regierung ein.
Kretschmann will unterdessen eigene Kandidaten für den neuen Aufsichtsrat von EnBW vorschlagen. Er will verhindern, dass die von Mappus ausgesuchten Aufsichtsräte bestellt werden. Die Hauptversammlung von EnBW findet am 19. April noch vor der Regierungsumbildung statt.
wat/dapd / Foto: EnBW