Beseitigung von Öl am Strand von Petit Bois Island im US-Bundesstaat Mississippi
Regine Frerichs klemmt ihren roten Zopf unter die Latexhaube, setzt die Überdruckmaske auf, lässt die Luft aus der Tarierweste und verschwindet im grauen Elbwasser. Kein einziger Tropfen darf heute an ihre Haut gelangen. Frerichs trainiert das Tauchen in kontaminiertem Wasser. Am Montag wird sie auf dem Greenpeace-Schiff «Artic Sunrise» im Golf von Mexiko erwartet, von wo aus sie als Schlauchbootfahrerin und Tauch-Einsatzleiterin die Verschmutzung nach der Explosion der Förderplattform «Deep Water Horizon» untersuchen wird.

Schon während ihres Studiums der Geologie und Paläontologie hatte sich die heute 50-jährige Hamburgerin zur Forschungstaucherin ausbilden lassen. Danach war sie lange Zeit Chefredakteurin einer Fachzeitschrift für Berufstaucher und kam mit 37 Jahren zu Greenpeace. Außer als Taucherin wird sie von der Umweltorganisation vor allem in der Fortbildung und als Schlauchbootfahrerin eingesetzt.

Bei Dutzenden Greenpeace-Aktionen auf der ganzen Welt wirkte sie ganz vorne mit, zum Beispiel bei dem Einsatz im Libanon 2006, als nach einem Bombenangriff auf ein Kraftwerk weite Teile der Küste mit Öl verseucht wurden und das israelische Militär den Zugang zu den Gebieten zunächst blockieren wollte. Auch als Greenpeace-Boote 2008 in die Sperrzone vor dem Austragungsort des G8-Gipfels in Heiligendamm eindrangen, war sie mit von der Partie. Drei der Boote der Naturschützer wurden von Polizeibooten bei hoher Geschwindigkeit gerammt, wie Frerichs erzählt. Mehrere Aktivisten gingen über Bord. Frerichs hatte Glück. Ihr Boot blieb unbeschadet.

Es war nicht das erste Mal, dass sich Frerichs für eine Protestaktion in Lebensgefahr brachte. Im Internet kursiert ein Video, auf dem zu sehen ist, wie Frerichs 2006 im Südpolarmeer ein Schlauchboot vor einem Walfangschiff herumdirigiert. Am Bug des Schiffes steht ein Mann hinter einer Harpune. Mit einer Wasserfontäne versucht Frerichs, seine Sicht einzuschränken. Plötzlich taucht ein Wal direkt neben dem Greenpeace-Boot auf. Der Mann reißt seine Harpune herum und feuert ins Wasser. Die an dem Geschoss angebrachte Sprengladung explodiert nur wenige Meter neben Frerichs Heck.

Um sich in eine derartig gefährliche Situation zu bringen, müsse man von der Sache wirklich überzeugt sein, sagt Frerichs. «Ich will am Ende meines Lebens von mir sagen können, alles nur Mögliche versucht zu haben.» Grenzen dafür gebe es nicht, solange kein Mensch zu Schaden komme und die Zielsetzung stimme. Kollegen, die lange mit ihr zusammengearbeitet haben, beschreiben Frerichs als «erfahrende Frau, die weiß, was sie tut». Draufgängerisch sei sie keinesfalls. Privat bevorzuge sie weniger aufregende Beschäftigungen. Sie hat eine eigene Schafherde, an der sie Border Collies ausbildet.

Auch den kommenden Einsatz auf der «Artic Sunrise» schätzt Frerichs als nicht ganz ungefährlich ein. Rund 780 Millionen Liter Rohöl (4,9 Millionen Barrel) traten nach Angaben der US-Regierung aus dem Bohrloch der «Deep Water Horizon» aus. «Zusätzlich hat BP rund sieben Millionen Liter Corexit ins Meer gepumpt. Das sind keine optimalen Bedingungen für einen schönen Tauchgang», sagt Frerichs.

Seit Tagen testet sie eine neue Ausrüstung, die sicherstellen soll, dass beim Tauchen kein kontaminiertes Wasser an ihre Haut kommt. Als sie nach einem der letzten Tauchgänge wenige Tage vor ihrem Aufbruch nach Amerika aus der Elbe steigt, sind ihre Haare trotzdem ein wenig nass geworden. «Im Golf von Mexiko wird wohl eher ein Trockenanzug zum Einsatz kommen müssen», sagt Frerichs. Heil zurückkommen sei schließlich das Wichtigste.

[TechFieber Green/mei / Foto: Beseitigung von Öl am Strand von Petit Bois Island im US-Bundesstaat Mississippi / deepwaterhorizonresponse/cc]

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