friendticker Ein Kneipenbesuch ist eigentlich eine sehr untechnische Angelegenheit. Man verabredet sich, trifft sich, setzt sich hin und redet. In Zeiten multifunktionaler Mobilgeräte kann das aber auch ganz anders aussehen. Denn für Nutzer von Ortungsdiensten wie dem amerikanischen «Foursquare» oder seit April auch «Friendticker» in Deutschland heißt es – in welcher Lokalität auch immer – erst einmal «einchecken».

Das bedeutet: Mobilgerät raus, aktuellen Standort erfasst und den in einer «Freundesliste» gesammelten «Freunden» bekanntgeben. Es sei mittlerweile ganz selbstverständlich, dass der erste Griff nach dem Hinsetzen in einer Kneipe erst einmal zum Mobiltelefon gehe, sagt Romy Mlinzk, eine «Friendticker»-Nutzerin aus Hamburg.

Ihr geht es darum, «neue Locations kennenzulernen» und Punkte zu sammeln, die für jedes «Einchecken» angerechnet werden. Also auch um einen gewissen Wettbewerb, ein «kleines Duell mit Freunden», wie die 29-Jährige sagt. Denn wer sich am häufigsten an einem Ort aufhält, kann «Präsident» dieses Ortes werden. Mlinzk ist wie viele andere Nutzer mehrfache «Präsidentin» – unter anderem von einigen Bahnhöfen und dem Parkplatz eines Supermarktes. «Natürlich gibt man dabei ein gewisses Maß an Persönlichkeit preis und wird etwas durchsichtiger», räumt Mlinzk ein. Allerdings müsse man ja nicht jeden in seine «Freundesliste» aufnehmen. Sie zum Beispiel kenne zumindest die meisten ihrer «Freunde» persönlich. Vor allem für Lokale sind solche Dienste kostenlose Werbung, schließlich sind häufige Besuche in einem Restaurant oder einer Kneipe auch irgendwie Empfehlungen. Einige Betriebe nehmen diese Plattform auch schon so ernst, dass sie Nutzer, die besonders häufig bei ihnen «einchecken», mit Gutscheinen belohnen. Das Interesse der Firmen ist laut «Friendticker»-Geschäftsführer Florian Resatsch steigend – zehn sind es, die im Moment bei ihm solche Boni anbieten. Jeden zweiten Tag komme ein neuer Unternehmenspartner hinzu. Wie viele Nutzer der in Berlin ansässige Dienst derzeit hat, will der 35-Jährige unter Verweis auf die erst vor rund zwei Wochen erfolgte Live-Schaltung nicht sagen. Resatsch versichert, dass die Nutzerdaten nicht an Dritte weitergegeben werden. «Es sei denn, jemand will einen Gutschein einlösen, dann müsste der Nutzer sich bei der ausgebenden Firma anmelden.» Dass ein Nutzer mehr von sich preisgibt, als er eigentlich will, das könne bei «Friendticker» nicht passieren. Davon abgesehen benutzten die meisten Pseudonyme und jeder könne ja selbst entscheiden, ob er seinen Aufenthaltsort bekanntgebe oder nicht.

Falk Lüke vom Projekt «Verbraucherrechte in der digitalen Welt» beim Verbraucherverband Bundeszentrale sieht zumindest im Moment aus datenschutzrechtlicher Sicht keine größeren Probleme. «Heikel wird es erst, wenn jemand dazu verleitet wird, Daten von sich preiszugeben, die er eigentlich gar nicht preisgeben will», sagt er. Derzeit seien die Ortungsdienste aber so konzipiert, dass nichts ohne die Zustimmung des Nutzers passiere. Zur Vorsicht mahnt Lüke allerdings bei der Verknüpfung mit anderen Plattformen wie Twitter oder Facebook.

Vor allem bei Facebook geben manche Nutzer eben nicht Pseudonyme, sondern ihren richtigen Namen an – und wären damit unter Umständen auch für einen größeren Personenkreis «sichtbar». Ob Ortungsdienste seiner Einschätzung nach der nächste große Wurf in der digitalen Welt werden – diese Frage vermag Lüke noch nicht zu beantworten. «Im Moment ist das eher etwas für die technische Avantgarde», sagt er.

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